ich sehe nichts kommen. Es scheint, ich werde mir wieder einmal einen Flor um den
Arm
winden müssen. Wann ist denn die Erklärungsfrist
Blumenthals um? Sollten die drei Wochen schon um sein, so bitte ich Sie, ihm
von der bekannten
Hand
Folgendes schreiben zu lassen:
»Geehrter Herr! Die Zeit, die Ihnen zur Erklärung über die Annahme meines Schauspiels
D.. G..... eingeräumt war,
ist verstrichen.
Ich ersuche Sie das
Manuscript
Herrn
F. Schick nach Wien III Reisnerstr. N° ?
×××××××× zurückzuschicken. Achtungsvoll Dr. A. S. – «
Dann kommt der letzte Akt des Einreichungsdramas:
Raimundtheater.
Wie stehen Sie mit
Müller Guttenbrunn? Können
Sie zu ihm gehen und ihm sagen: Da habe ich ein
Stück von Schnabel, Lesen Sie es geschwind?
|Soll man ihn
dann↓nach der Annahme↓ eventuell ins Vertrauen ziehen? Was ist Ihre Ansicht? Mir ist
Müller tief zuwider, u. ich hoffe es beruht auf
Gegenseitigkeit. Aber ich halte ihn doch für einen sehr anständigen Menschen, der
glaube ich auch correct gegen Feinde ist. – Heraus mit Ihrer Ansicht.
Was habe ich vorhergesagt! Da ist der Ekel nach dem Productionsrausch. – Basta.
Warum höre ich nichts von Ihrem
Stück? Warum schicken Sie es mir nicht. Bin ich Ihnen in unserer
Geheimnisikrämerei der letzten Monate nicht nahe genug gekommen?
Ich habe ein grosses Bedürfniss nach einer guten Freundschaft. Es ist beinahe schon
zum Annonciren!
»Mann in den besten Jahren sucht einen Freund, dem er alle seine Schwächen und
Lächerlichkeiten furchtlos anvertrauen kann.« Wie es hier in den Blättern |heisst: on demande un ami désintéressé. –
Ich weiss nicht, bin ich zu misstrauisch oder zu schüchtern oder zu hab ich zu gute Augen – hier find ich unter meinen
Bekannten keinen. Der Eine ist zu dumm, der Andere zu perfid, der Dritte verstimmt
mich an der heikelsten Stelle, weil er Bekanntschaften zum Vorwärtskommen ausnutzt –
sagen Sie mir, fühlen Sie bei dieser letzteren Beobachtung wenn Sie sie an einem
Kameraden machen, nicht auch den Brechreiz?
Ich überlese das Bisherige. Ich muss Ihnen naiv vorkommen. Gleichviel, ich bin zu
faul den Brief von vorn anzufangen.
Leben Sie wohl! Ich möchte jetzt in einem Fischerdorf in
Sicilien sein, u. zw. im guten englischen Hôtel oben auf dem
Berg. Tagsüber ginge ich allein
|spaziren, am Meer, auf Bergen. Ich hätte dabei schöne einsame Gedanken und nicht
den Wunsch, Jemandes Beifall durch deren Niederschreibung zu erringen. Ich würde
Fischern zuschauen, wie sie Netze flicken, das hat mich von jeher leidenschaftlich
interessirt. Am Abend sässe ich nach einem guten Diner im Salon wo die jungen
englischen Misses vom Tage mit anderen jungen Leuten Liebesdummheiten treiben, und
sähe mit Wohlwollen zu.
Aber ich kann nicht. Ich sitze in
Paris, gehe ins
Palais Bourbon, in langweilige Theater,
ärgere mich über Collegen und bin vielleicht nicht mehr werth als sie.
Leben Sie wohl, mein lieber Freund
Ihr
Herzl