|Herrn Doctor Theodor Herzl

|Salzburg den 19. September

Mein verehrtes Freund,

ich will Sie noch, bevor ich die Freude habe, Sie in Baden zu sprechen, von hier aus aufs allerherzlichste grüßen. Sie errathen bereits, dass ich hier mit Paul Goldmann zusammen getroffen bin, und zweifeln auch gewiss nicht daran, dass es vom Augen|blick meiner Ankunft an bis heute morgen, – Tag der Abreise – ununterbrochen geregnet hat. So konnten wir kaum aus der Stadt heraus, und haben in Kaffehäusern und in den Straßen die letzten 2 oder 3 Jahre durchgeplaudert. Es war sehr schön. Gestern hab ich auch, die Intimität benützend, über Pauls Schulter weg, Ihren Brief an ihn gelesen – |und kann nun nicht weiterschreiben, weil man1 neben mir ununterbrochen das Intermezzo pfeift und dreinredet.
Auf baldiges Wiedersehen
herzlich Ihr ArthSchnitzler

|[handschriftlich Paul Goldmann:] Lieber Freund!

Ich danke Ihnen für Ihren ssehr schönen Brief, auf den ich heute nicht antworte, weil ich heut zu dumm bin. Dies soll nur eine Empfangsbestätigung und ein Gruß sein. Arthur Schnitzler hat das Versprechen, Ihnen keinen geistreichen Brief zu schreiben, in niedrigster Weise gebrochen. Ich kann also erst recht nicht schreiben, weil ich nicht abstechen mag. Glückliche Heimreise also! Geben Sie mir einen const detéléphone bei der Ankunft.
Herzlichst Ihr
Paul Goldmann
  1. 1 Man = Paul Goldmann
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