|31. 10. 1925.
Liebe und verehrte Frau Hofrätin.
Offenbar ist ein Brief von mir
verloren gegangen, denn der vom
28. d., in dem
Sie annehmen, dass unsere Briefe sich gekreuzt hätten, ist der erste, den ich seit
Monaten von Ihnen erhalte. So erfahre ich auch
erst heute, dass
Gemier nun doch das »
Weite Land« und nicht die »
Liebelei« spielen will.
Aber wenn er auch dazu keine besondere Lust
haben sollte, so wäre es mir lieber, er liesse auch davon die Hand; ich bin in keinen
Weise aufführungshungrig
m, wie Sie wissen
liebe Frau Hofrätin. Dass man verpflichtet
ist auf die Rückgabe eines Manuscriptes zu
verzichten, auch wenn der Direktor, dem man
es vorgelegt hat, von der Aufführung absieht,
diese Annahme ist eine jener direktorialen
Ueberheblichkeiten, über die Sie wohl eines
Sinnes mit mir sind. Ich sende Ihnen mit gleicher Post ein anderes
Exemplar und es wird
mich freuen, wenn
Jouvet es spielen wollte.
Als Einakter dazu käme, wie wir ja schon besprochen, die »
Literatur« in Betracht, die ja
Rémon übersetzt hat.
Wenn Sie es für richtig halten,
liebe Frau Hofrätin, werde ich
Rémon gern
die Uebersetzung von »
Fräulein Else« anvertrauen; aber wir sollten es doch nicht
ohne Forderung eines Vorschusses tun, den natürlich
der Verleger zahlen müsste. Kein
französischer
Verleger und kein
französischer Autor von
Rang erteil die Autorisation zur Uebersetzung
eines seiner Werke (besonders eines, das erfolgreich war
), ohne eine Sicherstellung und
zwar werden Beträge von 5–10.000 Francs ver
|langt. Auf die Höhe der Summe käme es mir nun
weniger an, aber der Verleger müsste doch
zum mindesten durch dem Erlag eines mehr
oder minder angemessenen Betrages seinen
guten Willen dokumentieren.
Die
französische Uebersetzung des
»
Kakadu« von
Lutz und
Etienne (
Epstein) ist
nie gedruckt worden. Dass die Autorisation,
zum mindesten die alleinige Autorisation
für diese
französische Uebersetzung längst abgelaufen, wie alle Autorisationen, die vor dem
Krieg erteilt worden sind, haben wir schon
seinerzeit konstatiert. Für alle Fälle lasse ich an
Rémon ein deutsches Bühnenexemplar
des »
Kakadu« senden.
Verfügen Sie, liebe Freundin, in jeder
Hinsicht, wie es Ihnen richtig dünkt. .Sie
wissen, wie dankbar ich Ihnen für alle Ihre
Bemühungen bin. Ich freue mich sehr Sie so
bald wiederzusehen.
Mit den herzlichsten Grüssen
Ihr
Frau Hofrätin Berta Zuckerkandl,
Paris.