Menton 18. 4. 1911.

Verehrte gnädige Frau,

ich danke Ihnen sehr für Ihren Brief. Medardus hab ich für Frankreich noch nicht vergeben – und wenn Sie glauben etwas damit & dafür thun zu können, so werde ich höchst einverstanden sein. Nur theil ich Ihre Hoffnungen vorläufig gar nicht – wobei ich von meinen bisherigen Erfahrungen in Frankreich ganz absehen will. Speziell aber der Medardus – welcher französische Director wird sich dieser Mühe unterziehen? Antoine?? Er hat von mir schon zwei Einacter aufgeführt: Gefährtin &   Kakadu, |mit guten aber nicht dauernden Erfolge, der Cyclus Lebendige Stunden (übersetzt von Rémon u Mme Valentin) liegt seit etwa 6 Jahren angenommen bei ihm, aber er denkt nicht daran die Sachen aufzuführen. Nach einem Brief von Lugne Poë an mich (anläßlich Liebelei für die sich er und seine Frau (derer Name mir in diesen Moment absolut wirkt einfallen will) interessirt haben, stehen jetzt die Chancen für deutsche Dichter recht übel in Frankreich. – Nachdem ich Ihnen auf diese Weise, verehrte gnädige Frau, den zu einen solchen Unternehmen nöthigen Muth eingeflößt habe, kann ich nur wiederholen –: wenn Sie es wagen wollen  |Jedenfalls werde ich bitten, in Wien (wo ich Anfang Mai zu sein hoffe) persönlich über diese, und auch die Weite Land-Angelegenheit sprechen zu dürfen. Dieses Stück scheint mir nach den internationalen Seite mehr zu versprechen als der Medardus. Man ist sowohl von England als von Frankreich her (ohne es zu kennen) wegen dieses Stücks an mich herangetreten, ich habe mich aber noch nicht gebunden. Ihr Interesse, verehrte gnädige Frau, für meine Arbeiten ist mir in jedem Falle sehr erfreu|lich; ich darf wohl fernere Nachrichten von Ihnen erwarten.
mit wiederholten Dank und der Versicherung meiner aufrichtigen Hochachtung
Ihr sehr ergebener
Arthur Schnitzler
    Bildrechte © Österreichische Nationalbibliothek, Wien