Vorgestern fast als erstes »Willkommen« Ihre lieben, lieben Zeilen, die mich gefreut haben – na – wie –
! – Das werden Sie sich ja so ungefähr ausmalen können. Wieder ein paar lobende Worte
von Ihnen zu erhalten, das wirkte wie frisches Wasser auf mich. Also jetzt beginne
ich wieder zu schwimmen. Vielen, vielen herzlichsten Dank! Die
Meraner böse Zeit liegt hinter mir, ob eine bessere,
»heitere« folgt, das ist unbestimmt – aber jedenfalls habe ich wieder Arbeitsfreude.
Und das ist ja
|das beste Theil, nicht wahr? – Also, wenn Sie nicht
seither sich anders besonnen haben, würde ich Sie bitten, mir die Aufgaben zu
stellen, so, wie Sie es mir im
Winter vorgeschlagen haben. Ich hätte ja
damals gleich von Ihrer unerschöpflichen Liebenswürdigkeit Gebrauch gemacht aber ich
war so auf dem Hund, körperlich und geistig noch mehr – dass es ein ganz verfehltes
und zweckloses Verfahren gewesen wäre. Mit dem damaligen Zustand entschuldigen sich
auch die »
Orchideen» ganz von selbst. – – Jetzt
wo ich glaube wieder ein bisschen beisammen zu sein, und alle Gefahr, das Ende der
Baskirtseff zu kopieren – geschwunden ist, wende ich mich also an Sie und Ihre
mir so oft bewiesene Güte – nehmen Sie mich in die Schule – stellen Sie mir
Aufgaben!! – Außerordentlich hat es mich gefreut, dass
|die letzte
Arbeit im
Wer Journal Ihnen nicht
missfallen hat. Sehen Sie, verehrter Herr Doctor, die habe ich wirklich in 1½ Stunden
hingeschmiert ohne viel an anderes zu denken, als an das
Wer Journal. Von »Talentprobe«
und so weiter gar keinen Schimmer im Kopf. Und das ist nicht ganz missglückt!!? Das
freut mich. Muss doch noch ein bisschen künstlerische Grütze haben! D. h. Ideen
drängen sich mir wirklich eine ganze Menge auf – es fällt mir leicht das
künstlerische Bild ins Auge – aber die Technik, es herauszuarbeiten!! Da steckts!
–
Darum möchte ich von Ihnen lernen. – Mit dem »
Käfig« habe ich mir viel und ehrliche Mühe gegeben, auch stylistisch und Sie
habens gemerkt. Nicht wahr? – Dieselbe Grundidee wie »
Orchideen« – d. h. kaum ein bisschen verändert, denn die
ließ mich nicht los; aber jetzt habe ich sie geprägt, wie ich glaube, und denke, mit
ihr fertig zu sein. – Eine klare, schlichte Schreibweise, ohne Mätzchen und
stylistische Eiertänze, so, wie Sie deren glücklicher Besitzer sind, möchte ich mir
gerne aneignen. Die jüngstmodernen affectirten Posen sind mir immer zuwider gewesen.
Daher die von Ihnen oft gerügten Trivialitäten und saloppen Plattheiten. Leider habe
ich
in jüngster Zeit mit den Dialogen Unglück! Das geht mir stark gegen
den Strich. Dialoge waren sonst meine Stärke – siehe »
Heimweh«. – Also – hier die Inventur. – – – – – –
Mein letzter – d.h. der fragliche
Brief ärgert mich, weil er mir
noch immer als Zudringlichkeit – d. h. als Geschmacklosigkeit erscheint. Sie sind
nur
aus Höflichkeit darüber weggegangen. Diese private Ohrenbeichte und intimste Privat Kundgebung an Sie zu richten – – na, das ist
mindestens überspannt. – – Und lächerlich noch dazu. Bitte, ich bin so eitel – denken
Sie besser von mir, als Sie nach dem Brief Ursache hätten es zu thun
und nehmen Sie meine aufrichtige Verehrung sowie herzliche Grüsse entgegen.