Elsa Plessner an Arthur Schnitzler, 9. 8. 1897

den 9. VIII. 97

Verehrter, lieber Herr Doctor!

Ihre lieben und liebenswürdigen Zeilen bestätigeich mit herzlicher Freude! Inzwischen haben Sie ja auch erfahren, dass ich selbst von der absurden Correctur-ideezurückkam, gleich nachdem ich diese Absicht Ihnen mittheilte! Ich kann Ihnen nur sagen, dass ich folgen werde; schön still und ruhig sein und mich trösten. Ich bin ja so folg|sam. Heute haben Sie sich wieder ein neues Verdienst erworben! Sie haben meine Ballfrisur für die kommende Saison gerettet, die ich auf dem besten Wege war, zu zerstören durch verzweifeltes Ausruppfen jedes einzelnen Haares! Als ich Ihre Trostzeilen erhielt, beendigte ich sofort diese ebenso amusante, als vortheilhafte Procedur. Es ist aber nicht schön von Ihnen dass Sie meinen heiligen Schmerz herabwürdigend, mich zwar lieb und herzig – so frozzeln. Von einer … »Parabel« .. dürfen Sie mir eben nur schreiben aber nicht spre|chen, sonst hätte ich Ihnen schnell bewiesen, dass ich selbst Ihnen, meinem hochmögenden Gönner gegenüber, nicht »wehrlos« bin, wenn ich 10 rosige und scharfe Fingernägel nicht ganz vergesse.
– Sonst aber bin ich kalt- und back-fischblütig –, werde mich nicht ins Wasser stürzen, umso mehr ich wieder einmal – von 40° Fieber vor 14 Tagen aufgestanden – höchst sorgsam auf meine miserable Gesundheit achten muss, welche ein anderes als moralisch kaltes Bad jetzt absolut nicht verträgt. –
|Also ich tröste mich – – – –
Jemand, der nicht allzudumm ist, hat mir einmal gesagt – sehr drastisch und geradezu – »Publikum ist, wer nichts versteht« – Da Sie derselben Ansicht – nur in homöopathischer Verdünnung, zu sein scheinen, wird es wohl so sein. – – –
Viele, viele herzliche »Danke« für Ihren geschriebenen Samariterdienst – und ebenso viel herzliche Grüße!
Stets dankbarer und mit unveränderlicher Verehrung
 Elsa Plessner
P. S. Haben Sie »Warten« im »Magazin« vom 23. Juli bemerkt?
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