den 10. Januar 1900
Verehrter Herr Doctor!
So schnell!! Dafür danke ich Ihnen doppelt!
Ihr
heutiger Brief hat mir viel Freude gemacht. Sie
haben nicht über »Schlamperei« und »Leichtsinn« geschimpft, wie sonst immer – das
ist
für mich der größte Erfolg! – – Sehr überrascht war ich, dass Sie die
Theaterwirksamkeit
»des »
ersten C.« in Abrede stellen. Zugegeben dass der Stoff
eigentlich für eine Novelle gepasst hätte – ich selbst habe ihn darauf
|hin ernstlich studiert, – bot er mir andrerseits durch die zahlreichen, auch in der
Novelle nothwendigen Scenen – d. h. Dialoge, durch die Steigerung der Handlung und
deren geringe Zeitdauer (1 ½ Tage) unleugbare dramatische, ja sogar
Bühnenmöglichkeiten. Sie haben ja ganz recht – der Stoff ist sehr dünn und ich habe
das nicht übersehen – aber er hat mich trotzdem gereizt – und ich will doch die Probe
auf die Bühnentragfähigkeit machen. – Als Erstlingsstück ist es rettungslos dem
Durchfallen geweiht – das weiß ich. – Aber als zweites – auf einen
|gewissen literarischen Credit hin, will ich den Versuch einer Aufführung wagen.
–
D. h. ein auswärtiges großes Theater wird gegen
Ende März ein anderes
Stück von mir
aufführen – und das
weitere wird sich finden. Doch das ist Zukunftsmusik – .
Für
heute will ich Ihnen nur nochmals herzlich danken und schließlich
noch
B bemerken, daß Sie ganz recht hatten bezüglich
der Widmung! Ich hatte sie
↓mit Bleistift↓ auf das Titelblatt
meines
Conceptes ge
schrieben↓setzt↓ und mich, so oft ich mich zur
|Arbeit setzte – daran »gestimmt«.
Als es die Abschreiberin erhielt, vergaß ich ganz auf diese
↓nur↓ zu meinem persönlichen Gebrauch dienenden Zeilen. So sind sie auf die
zwei Abschriften übergegangen – die natürlich nicht für die Öffentlichkeit bestimmt
sind – geschweige erst für Herrn »
Fery
Derffler«. – Auch ich liebe keine Intimitäten mit dem Publikum. Ich bitte Sie
also, mich einer
solchen Geschmacklosigkeit doch
nicht für fähig zu halten – so viele andere ich auch auf dem Gewissen haben möge.
Mit alter Verehrung
Elsa Plessner.