ich danke Ihnen
sehr, da
ss Sie die
Novelle so bald gele
sen und freue mich, da
ss Sie
so viel gutes darin
gefunden. Ihre Einwendung gegen den Beginn halte ich für gerechtfertigt. Mir
selb
st
misfiel er, nachdem ich ihn ge
schrieben hatte,
so
sehr, da
ss ich ein paar Wochen
aus
setzte, weil
sich der rechte Muth nicht zum Weiter
schreiben finden wollte. Erst
allmälig kam ich hinein;
|es geht mir übrigens fa
st
immer
so. Vor der Veröffentlichung wollte ich den Anfang – bis zu
Mariens Be
such bei
Alfred esclusive – einfach weg
streichen; aber man rieth mir ab. Sie
sind der er
ste, der
seiner
Antipathie gegen den Anfang
so gründlich Ausdruck gibt – nach mir. Soweit ich bisher
urtheilen kann, hat er niemanden
so empfindlich ge
stört wie uns zwei. Aber ich glaube
nicht, da
ss der Grund im »grauen, allzu grauen« liegt. Ich habe nur hier
|das Grau nicht künstleri
sch bewältigt. Der
Stoff wäre ja als
ganzes noch anders zu fa
ssen gewe
sen – wenn ich eben die er
sten vier
Akte zu dem fünften, der vorliegt, ge
schrieben hätte. Da wäre das Liebesbachanal, das
Sie wün
schen, im dritten gekommen. Es i
st möglich, da
ss nur die Kraft zu der
ganzen Tragöde gefehlt hätte; die Wahrheit i
st
jedenfalls, da
ss nur die
ses fünfte Akt in meinen Ab
sichten lag.
|Auch da
ss noch irgendwo im
Buch Längen
sind, hab’ ich beim Durchle
sen der Correcturen
ge
spürt. Was die Manier in der Natur
schilderung anbelangt,
so wären mir Details
erwün
scht; da ich
h mich hier un
schuldig fühle. Ich
mü
sste mich da an irgend ein Wollen erinnern, und ich wei
ss doch, da
ss ich alle die
se
Dinge ganz einfach hinge
schrieben habe. Sagen Sie mir doch, wo Sie die Manier
entdeckt haben. Ihr kün
stleri
sch-kriti
sches
|Auge i
st hier
maßgebender als mein Gedächtnis. Um
somehr als die Eri
nnerung an Stunden des Schaffens täu
schend i
st wie die an Träume.–
Nun das
Stück. Auf meine
Bemerkung betreffs neuer und insbe
sondre jüdi
sch-
sympathi
schen Figuren gingen Sie
nicht ein. Und jemehr ich überlege, um
so we
sentlicher
scheint mir das. Ich glaube
auch, da
ss die Frau des Helden um nichts weniger ins Ghetto zurückdrängt, wenn
sie
auch ihr etwas vom Opfer geben. – An der Ein
|führung
B.’s hat mich das Ge
spräch mit den
Dien
stboten ge
stört, das mir zu ab
sichtlich und
selb
st theatrali
sch unangehm
scheint.
Ich bin
sehr begierig
↓zu wissen↓, wie Sie
sich gegenüber meinen Ideen über
den Schlu
ss verhalten.– – Da
ss mir per
sönlich der Begleitbrief zu
sagt, brauchen nicht
zu ver
sichern. Wie
sich – »jene« – dazu verhalten werden, wei
ss ich nicht. Ich
denke,
sie werden das
Stück sehr ra
sch le
sen – aber mit der
stillen Hoffnung, ein
schlechtes zu
finden. Sie wollen aber vor allem erreichen, da
ss
sie aufmerk
sam werden – das dürfte
gelingen.– Mit
Sch. sprach ich;
|er i
st geneigt. Die Privatadre
sse i
st
III. Reisnerstr. 25. Er i
st in der
Kanzlei
seines
Vaters beschäftigt –
(deren Adre
sse neulich er
st gewech
selt hat und mir augenblicklich entfallen ist) –
vielleicht i
st aber die Privatadre
sse vorzuziehen?–
Sch. gegenüber
sprach ich zur größern Vor
sicht von einem in
Berlin an
sä
ssigen Autor. Ich hoffe Ihnen nun das abge
schriebene
Manuscr. bald
senden zu
können; nicht wahr? –
Ich kann die
sen Brief nicht
schließen, ohne Ihnen für Ihr kö
stliches
Feuilleton |die Hand zu drücken. Sie haben übrigens in den letzten
Jahren kaum eines veröffentlicht, wo ich die
ses Bedürfnis nicht gehabt hätte. Man hat
da
so eine gewi
sse dumme Scheu. Und da fügt es
sich heute gut, da
ss ich Ihnen über
ver
schiedenes andre
schreiben mußte und nur
so beiläufig hinzufügen kann, da
ss ich
auf das Buch warte, in welchem ich die
se kleinen Kun
stwerke ge
sa
mmelt finden werde. Wenn
|ichs
nicht von Ihnen ge
schickt bekomme,
so werd ich’s mir kaufen – was ich mit der
Glosse noch i
mmer nicht gethan habe. Und Sie können
ver
sichert
sein – es i
st nicht wegen der
sechzig Kreuzer! –
Herzlich Ihr sehr ergebener
Arthur Schnitzler