|Verehrtester Herr Doktor! Ich erlaube mir heute eine Bitte an Sie! Sind Sie in der Lage, Karten zur Judic zu verschenken? Ich habe den Muth zu dieser Frage, indem ich lese, dass es leer sein soll. Im Falle Sie also eine gewisse Verfügungsmöglichkeit haben, verbinden |Sie mich außerordentlich, wenn Sie mir für einen oder den anderen Abend ein oder zwei Parquet-Sitze verschaffen können. Besonders sympathisch wäre mir Donnerstag Samstag oder Sonntag. Nicht wahr Sie sagen mir gefälligst telephonisch zwischen 2 und 3 Uhr – (event bis 5 od 6) oder durch eine Karte Antwort? Und sind nicht ungehalten über mein Ersuchen?
Mit herzlichem Gruße und Dank Ihr ergebner Dr. Arthur Schnitzler
    Bildrechte © Central Zionist Archives, Jerusalem

    Karten zur Judic] Das Korrespondenzstück ist undatiert. Die förmliche Anrede und Schlussformel verorten es eindeutig in der frühen Zeit der Bekanntschaft. In dieser Phase ist Anna Judic nur zwischen 21. 4. 1889 und Sonntag, 5. 5. 1889 zu einem Gastspiel in Wien. Schnitzler selbst besuchte am Mittwoch, den 1. 5. 1889 eine ihrer Aufführungen von Fiacre 117 und Les Charbonniers. Das Tagebuch enthält für diese Tage keine Einträge. Am Samstag, dem 4. 5. 1889 wurde am Burgtheater (unter anderem) Der Flüchtling von Herzl uraufgeführt. Schnitzler besuchte die Vorstellung und es scheint schwer vorstellbar, dass er sich von Herzl just für den Tag eine Theaterkarte erbitten würde, für den Herzls Stück angesetzt war. Folglich dürfte Schnitzler um Karten für das vorletzte Wochenende (Donnerstag, 25. bis Sonntag, 28.) bitten. Da wiederum die ersten Rezensionen des Gastspiels bereits erschienen waren, dürfte das Korrespondenzstück auf den 23. 4. 1889 oder 24. 4. 1889 zu datieren sein.