|299. 10. 1923.
Liebe und verehrte Frau Hofrätin.
Meinem letzten Schreiben über die Zusammenstellung des
französischen Einakterbandes lasse ich heute meinen
Vorschlag bezüglich des
Novellenbandes folgen. Mein Brief
an
Geraldy vom
18. 4. 1922 ist
offenbar verloren gegangen. Ich hatte damals mit Ihnen, verehrteste Frau Hofrätin
als
die vor allem in Betracht für einen solchen Band kommenden Novellen die folgenden
bezeichnet: »
Die Hirtenflöte«, »
Das Schicksal des Freiherrn von Leisenbogh«, »
Der Mörder«, »
Die Toten
schweigen« »
Ehrentag«.
↓Tod des Junggesellen, Geronimo↓
Was frühere Autorisationen anbelangt, wäre zu bemerken, dass der »
Blinde Geronimo«, übersetzt von
Rémon und
Bauer am
25. 4. 1912 in der
Grande
Revue, der »
Ehrentag«, übersetzt von
Vallentin und
Rémon am
1. 8. 1903 in der
Revue de Paris, »
Die Toten schweigen«, übersetzt von
Vallentin und
Rémon im Jahre
1902 in der
Nouvelle Revue
erschienen
sind. Ich weiss nicht, ob nachdem
französischen
Urheberrecht sich dadurch die Uebersetzer in dauerndem Besitz der Autorisation
befinden und ob sie es verbieten können, dass, insbesondere nach einer Reihe von
Jahren, (in unserem Fall 10–20) in ein Sammelbuch neue Uebersetzungen der gleichen
Novellen,
die Aufnahme finden.
In keinem Fall aber kann ich mir vorstellen, dass sich mit den früheren Uebersetzern
nicht irgend eine Einigung durch den Verlag
Stock
erzielen liesse.
Was den »
Mörder« anbelangt, so bemerke ich, dass
i
hn Herrn
Marcel
Livan,
Paris 9, Le Peletier 91, übersetzt hat, dass das Erscheinen dieser
Novelle in der »
Humanité« bevorstand, dass aber
| mein letzter
Brief an M.
Livane als unbestellbar an mich
zurückkam.
Hat übrigens M.
Boutelleau (Verlag
Stock) in seinem
Verlag nicht einen deutsch verstehenden Vertrauensmann, der
uns bei der Auswahl der Novellen für den
französischen Geschmack behilflich sein könnte?
Die Bedingungen für den
Novellenband
wären natürlich die gleichen, wie für den
Einakter-Band. . Wenn die Sache nicht eilt, können wir all das Nähere,
verehrte Frau Hofrätin, nach Ihrem Eintreffen in
Wien besprechen. Im Prinzip liegen ja die Dinge wohl klar.
Für heute nur mehr herzlichste Grüsse und
vielen Dank. Auf ein baldiges
gutes Wiedersehen.
Ihr
Frau Hofrätin Berta Zuckerkandl,
Paris.