Elsa Plessner an Arthur Schnitzler, 9. 1. 1897

|Meran, Pension Wolf, den 9. 1. 97.

Hochverehrter Herr Doctor!

Herzlichen Dank für Ihre freundlichen Zeilen. Sie sagen mir nichts Überraschendes. Eine halbe Stunde nachdem die Arbeit an Sie abgeschickt war, habe ich es auch schon selber gewusst: – Wenn ich aufrichtig sein soll – im Schreiben selbst hat mein Gewissen »veto« geschrien. Aber ich schrie noch lauter – vide 2 Briefe an Sie! – Na – passé! – – Daß es rapid abwärts ging, habe ich im letzten Jahr genug oft bemerkt, nachdem ich kaum ein bißchen hinaufgekommen war, daß ich fertig bin, total fertig, weiß ich |seit einem halben Jahr – also Ihr Urtheil über »Orchideen« nur das Siegel auf der Urkunde! Ich habe mich an die Arbeit »Orch.« geklammert – denn ich dachte entweder – oder! – Aber es ist – oder! Und das ist mir nicht neu! – Ich sehe es ja auch ganz deutlich ein und weiß trotzdem Sie daran zweifeln, wie recht Sie haben! – Also lassen wir die Tinte – ! Es kommt für mich nichts dabei heraus – das weiß ich auch besser wie Sie – wenn Sie |mich auch, gut wie Sie sind, mit einem talentirten Schüler vergleichen! – Ich weist ja auch, woher das kommt und Sie können es nicht wissen – Das ist eine Wurzelkrankheit bei mir! Darum lauter, mißlungene Blüten! – Und da hilft nichts! Also nochmals herzlichen, herzlichen Dank für Ihre Geduld und Güte! – Besser machen können Sie freilich nichts, als es ist! – Darum werde ich Sie auch in Zukunft verschonen – und sehen, wie s ohne Feder geht. Herzlichen innigen Dank!
 Elsa Plessner