Arthur Schnitzler an Romain Rolland, 7. 1. 1915

|7. 1. 1915.

Verehrter Herr Rolland.

Das Journal de Genève ist nicht an mich gelangt, während die Zürcher Zeitung gestern von der Redaktion aus mit erheblicher Verspätung bei mir angekommen ist. Die Zensur entschliesst sich wahrscheinlich besonders schwer Zeitungen in französischer Sprache durchzulassen und so werde ich vorläufig darauf verzichten müssen, Ihre Übersetzung meiner Erklärung zu lesen, wenn Sie vielleicht nicht doch noch einen Versuch machen wollen, mindestens den betreffenden Ausschnitt unter Couvert mir zuzuschicken. Die Zensur wird es hoffentlich als politisch gefahrlos erkennen, mir einen von mir selbst verfassten und von Romain Rolland übersetzten Protest zur Lektüre frei zu geben.
Lassen Sie mich Ihnen heute nochmals für Ihre freundliche Bemühung, sowie für Ihren letzten, so liebenswürdigen Brief herzlich danken. Immer wieder lesen wir in der letzten Zeit in Feldpostbriefen, dass die feindlichen Soldaten, die einander in den Schützengräben gegenüberliegen, in den Kampfpausen einander Höflichkeiten, Rücksichten, Gefälligkeiten, ja achtungsvoll-freundschaftliche Gesinnung erweisen; wie denken Sie, mein verehrter Herr Rolland, über die Einführung von Schützengräben für Journalisten und Diplomaten?
Seien Sie herzlichst gegrüsst
Ihr sehr ergebener