Elsa Plessner an Arthur Schnitzler, 26. 1. 1899

|den 26.
I. 99
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Verehrter Herr Doctor!

Ihre heutigen lieben Zeilen haben eine Scene verursacht, die ich ihrer Komik halber Ihnen schildern muss. Also stellen Sie sich, vor – ich – im Bad, meine Schwester mit eiligem Schritt mir den (Ihren) Brief überbringend. Ich – mit eiligst getrocknetenaber noch immer feuchten Fingern das unheilvolle Couvert ergreifend und – na – sagen wir aufmachend – (die Stücke desselben habe ich nachher nicht mehr finden können) meine Schwester mir über die Schulter blickend – – und |und? – – – – Und?!. . 
Meine Schwester schreibt es der Wirkung – – d. h. dem Umstande zu, dass ich mich in der angeführten wässrigen Situation befand, dass ich nicht einen ordentlichen shoc davongetragen habe. – Sie hat mich hellauf ausgelacht (ich habe nämlich schändlich geheult) und mir zu bedenken gegeben, dass ich erspare, in die Donau zu gehen, da ich mich ja ohnedies im Wasser befände. – – – –
Nein! — Sie dürfen nicht glauben, dass ich schon so weit bin über meinen neuerlichen Missgriff lachen zu können! – Ich habe ja nicht |viel erwartet – aber so gar nichts? – Sie haben mir schon vor zwei Jahren klar gemacht, wie wenig an einem verfehlten Stück liegt! – Aber trotzdem! – Obzwar ich mit dem Stück nicht Literatur, sondern Geld machen wollte thut es mir doch so weh, wieder einmal etwas verhauen zu haben! – Es wundert mich aber, dass Sie gerade einen Satz herausgegriffen haben, der mir als Phrase nachträglich sehr missfallen hat. – – Ja, ich habe immer Ideen und komme doch damit nicht weiter! – – – – Es ist wirk|lich schrecklich und fängt schon an, mich zu entmuthigen! – Wirklich!! Das soll keine Phrase sein! –
Wenn ich nur wüßte was ich da machen soll. Ich arbeite so intensiv ich kann (nicht viel – wie Sie glauben!) (Im ganzen Jahr nur den »neuen Lehrer« und das Stück!) Ich sehe aber, das mir nichts nützt! Das Beste was ich kann ist doch nicht genug!
Herzlichen Dank und herzlichen Gruß
 Elsa Plessner